Case Study: Der ORF Approach zu KI Governance

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Case Study: ORF-KI-Guidelines – Wie der Österreichische Rundfunk den Einsatz von KI strategisch und verantwortungsvoll regelt

Warum dieser Case wichtig ist

Künstliche Intelligenz verändert die Medienlandschaft. Schnell, tiefgreifend und unumkehrbar. In diesem Wandel stellt sich nicht nur die Frage „Was ist technisch möglich?“, sondern vor allem: „Was ist verantwortbar?“.

Der Österreichische Rundfunk (ORF) hat früh erkannt, dass der Schlüssel zum erfolgreichen Einsatz von KI nicht nur in der Technologie, sondern in klaren, praktischen Leitlinien liegt. Mit seinen im Februar 2025 veröffentlichten KI-Guidelines liefert der ORF ein starkes Beispiel dafür, wie Organisationen jeder Branche den Einsatz von KI gezielt steuern und gleichzeitig Innovationsspielraum schaffen können.

Ein strategischer Weg: Von der Vision zur Richtlinie

Die Entwicklung der KI-Richtlinien war kein Schnellschuss. Über mehrere Jahre hinweg arbeitete der ORF – maßgeblich gesteuert durch die Direktion für Technik und Digitalisierung unter Harald Kräuter – an der Integration von KI in seine Prozesse. Die Arbeit an der hauseigenen Software „AiDitor“, die 2024 mit dem Innovationspreis der EBU ausgezeichnet wurde, zeigt: Technologie war von Beginn an Teil der Strategie – aber nie Selbstzweck.

Unter dem Motto „Chancen nutzen, Verantwortung übernehmen“ wurden die KI-Guidelines als integraler Teil der digitalen Gesamtstrategie aufgesetzt. Sie gelten für alle Mitarbeitenden und externen Partner, die in irgendeiner Form KI im ORF-Umfeld einsetzen – ob in der Redaktion, im Marketing oder in der IT.

Drei Bereiche, drei Regeln – Klarer Rahmen für den KI-Einsatz

Ein zentrales Element der Guidelines ist die differenzierte Betrachtung von Anwendungsbereichen. Der ORF trennt strikt zwischen:

1. Redaktionelle Inhalte

Dazu zählen journalistische Formate mit hoher gesellschaftlicher Relevanz. Hier ist KI ausschließlich unterstützend erlaubt – etwa bei Recherche oder Übersetzung. Die Letztverantwortung liegt immer beim Menschen. Das „Human-in-the-Loop“-Prinzip ist Pflicht.

2. Informationsinhalte

Inhalte wie Wetterberichte, Datenbanken oder Service-Meldungen dürfen teilautomatisiert mit KI erstellt werden – jedoch nur unter redaktioneller Aufsicht. Transparenz und Überprüfbarkeit sind dabei essenziell.

3. Nicht-redaktionelle Bereiche

Hier – also in HR, interner Kommunikation oder dem Backoffice – darf KI deutlich freier eingesetzt werden, sofern interne Compliance-Standards eingehalten werden. Die Guidelines schaffen hier vor allem Orientierung und keine unnötigen Hürden.

Fazit: Der ORF sagt nicht einfach „KI ja oder nein“, sondern differenziert, wann, wie und unter welchen Bedingungen der Einsatz angemessen ist.

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Das Ampelsystem: Risiken sichtbar machen

Um Orientierung zu geben, hat der ORF ein dreistufiges Risikomodell eingeführt, das Anwendungen nach ihrer Kritikalität klassifiziert:


🟢 Grün: Unkritisch (z. B. Transkripte, Übersetzungen, interne Zusammenfassungen) → Einsatz erlaubt, Dokumentation empfohlen.
🟡 Gelb: Mäßig kritisch (z. B. Vorschläge für Bildauswahl, Textassistenz) → Einsatz erlaubt mit Überprüfung.
🔴 Rot: Kritisch (z. B. generative News-Texte, Deepfakes) → verboten oder genehmigungspflichtig.

Ein internes KI-Board mit interdisziplinärer Besetzung prüft regelmäßig neue Tools und Anwendungen, aktualisiert die Risikobewertungen und passt die Guidelines an. So bleibt die Governance lebendig, flexibel und anschlussfähig an technologische Entwicklungen.

Kulturwandel durch Aufklärung und Partizipation

Technologie allein schafft keine Veränderung – Menschen schon. Der ORF investiert gezielt in Awareness und Schulung:


„AI Days“ als regelmäßige, interne Veranstaltungsreihe zur Sensibilisierung
Pflichtschulungen, abgestimmt auf Rollen und Funktionen
Eine geschützte Experimentierumgebung (Sandbox), in der neue Tools risikofrei getestet werden können

So wird KI im ORF nicht als „Black Box“ wahrgenommen, sondern als Werkzeug, das man versteht und gezielt einsetzt. Das fördert Akzeptanz und Kompetenz gleichermaßen.

Ein Modell mit Vorbildcharakter

Mit seinen KI-Guidelines zeigt der ORF, wie sich technologische Innovationsfreude mit regulatorischer Verantwortung verbinden lässt - und das ganz ohne lähmende Bürokratie. Durch die Kombination aus klaren Anwendungsregeln, einem dynamischen Risikomodell und intensiver Schulung entsteht ein belastbares Governance-Modell, das weit über den Medienbereich hinaus relevant ist.

Andere Organisationen, ob im öffentlichen Sektor, in der Industrie oder in der Kommunikation, können von diesem Ansatz lernen: Wer KI erfolgreich einsetzen will, braucht klare Spielregeln, Mut zur Differenzierung und eine Kultur des bewussten Umgangs mit neuen Technologien.

Die volle Richtlinie findet ihr hier

Disclaimer:

Bei diesem Artikel hatte ich digitale UnterstĂĽtzung: KI hat beim Research und beim Formulieren geholfen, die Endredaktion und inhaltliche Verantwortung liegen beim Autor.

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Kai Hermsen
Digital Governance Experte

Kai, Digital Governance Experte & Co-Founder von DECAID.secure, revolutioniert die sichere KI-Implementierung für Unternehmen. Sein Weg führte von Führungspositionen im Konzern bis zum erfolgreichen Unternehmertum, darunter die Leitung der Charter of Trust bei Siemens und die Förderung digitaler Transformation bei Identity Valley. Als einer der führenden Köpfe im Bereich Digital Trust entwickelt er mit der twinds foundation zukunftsweisende Vertrauenslösungen. Seine Expertise bringt er aktiv im World Economic Forum und Munich Security Network ein.

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